Darf man die Seminararbeit vom Ghostwriter schreiben lassen? Eine rechtliche und ethische Analyse

In der heutigen Zeit, in der der Druck auf Studierende immer größer wird und die Anforderungen an akademische Leistungen steigen, ist die Versuchung groß, nach alternativen Lösungen zu suchen. Eine solche Lösung könnte sein, die Seminararbeit vom Ghostwriter schreiben zu lassen. Doch stellt sich die Frage: Ist das ethisch und rechtlich vertretbar?

Ethische Aspekte des Ghostwritings

Die ethische Frage, ob es richtig ist, eine Seminararbeit von einem Ghostwriter schreiben zu lassen, ist komplex und vielschichtig. Ein zentraler Punkt ist, ob der Student damit seine eigene akademische Integrität gefährdet. Eine akademische Arbeit soll nicht nur das Wissen und die Fähigkeiten des Studierenden widerspiegeln, sondern auch seine Fähigkeit zur kritischen Analyse und eigenständigen Bearbeitung eines Themas. Das Abgeben einer von einem Ghostwriter verfassten Arbeit könnte als Täuschung betrachtet werden, da der Studierende nicht die intellektuelle Arbeit geleistet hat, die von ihm erwartet wird. Ein weiteres ethisches Problem ist die Frage der Gleichbehandlung. Wenn einige Studierende Ghostwriter nutzen dürfen, um bessere Arbeiten einzureichen, während andere sich anstrengen, um ihre Arbeiten selbst zu verfassen, entsteht eine Ungerechtigkeit im akademischen Wettbewerb. Dies kann zu einem Verlust an Vertrauen in die Fairness des Bildungssystems führen.

Rechtliche Aspekte des Ghostwritings

Im juristischen Sinne gibt es keine generelle Strafbarkeit für das Inanspruchnehmen eines Ghostwriters. Die rechtliche Problematik ergibt sich jedoch eher aus dem Kontext der Täuschung und der Verletzung der Prüfungsordnungen der jeweiligen Bildungseinrichtung. Einige Universitäten sehen das Einreichen von Dritten verfassten Arbeiten als Verstoß gegen ihre akademischen Regeln an. Es gab Fälle, in denen Universitäten Studierende aufgrund von Ghostwriting-Anschuldigungen disqualifiziert haben. Ein Beispiel hierfür ist der Fall einer Studentin an einer deutschen Universität, die ihre Bachelorarbeit von einem Ghostwriter schreiben ließ. Nachdem dies entdeckt wurde, wurde die Arbeit für ungültig erklärt und die Studentin wurde von der Prüfung ausgeschlossen. Die Universität argumentierte, dass die Prüfungsordnung die eigenständige Anfertigung von Arbeiten verlange.

Seminararbeit vom Ghostwriter Bildquelle: Pixabay

Seminararbeit vom Ghostwriter Bildquelle: Pixabay

Rechtsprechungen zum Thema Ghostwriting

  • Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR): Der EGMR hat in einigen Fällen, in denen Studierende wegen Täuschung und Plagiaten angeklagt wurden, festgestellt, dass die Bestrafung in angemessenem Verhältnis zur begangenen Tat stehen muss. Dies deutet darauf hin, dass die Strafen nicht übermäßig sein dürfen.
  • Deutsche Hochschulrechtsprechung: Die deutsche Hochschulrechtsprechung variiert je nach Bundesland und Universität. Einige Hochschulen haben klare Regelungen gegen Ghostwriting, während andere flexibler sind. In einem Fall entschied das Verwaltungsgericht Trier, dass das Nutzen eines Ghostwriters nicht unbedingt gegen die Prüfungsordnung verstoße, es sei denn, es könne nachgewiesen werden, dass der Studierende die Arbeit nicht mehr eigenständig bearbeitet habe.

Fazit

Die Frage, ob man eine Seminararbeit vom Ghostwriter schreiben lassen darf, ist keine klare Schwarz-Weiß-Entscheidung. Sowohl ethische als auch rechtliche Aspekte müssen sorgfältig abgewogen werden. Studierende sollten sich bewusst sein, dass das Einreichen einer von einem Ghostwriter verfassten Arbeit ihre eigene akademische Entwicklung beeinträchtigen kann. Zudem sollten sie die Regeln und Richtlinien ihrer Bildungseinrichtung sorgfältig prüfen, um mögliche Konsequenzen zu vermeiden. Wenn Bildungseinrichtungen Ghostwriting als Verstoß gegen akademische Integrität ansehen, kann dies zu schwerwiegenden Konsequenzen führen, darunter der Ausschluss von Prüfungen oder sogar der Studienausschluss. Die Rechtsprechungen in verschiedenen Ländern und Bildungseinrichtungen können variieren, aber im Allgemeinen sollte die eigene intellektuelle Redlichkeit immer im Vordergrund stehen. In Anbetracht der ethischen und rechtlichen Implikationen ist es ratsam, ernsthaft zu überlegen, ob die Verwendung eines Ghostwriters wirklich die richtige Wahl ist. Selbst wenn der Druck und die Belastung hoch sind, kann das Überwinden von Herausforderungen und die Auseinandersetzung mit dem Lernprozess langfristig lohnender sein als die kurzfristige Lösung des Ghostwritings.

About Grischa

Grischa hat im Dezember 2005 diesen Lernblog gestartet. Er studierte Wirtschaftsinformatik und leitet das Projekt Lern-Online.net seit Mai 2002. Das Ziel von Lern-Online.net ist Schülern und Studenten Wissen verständlich zu erklären, kostenfrei anbieten und übersichtlich gliedern.

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