In der letzten Woche machte derFall Calhanoglu seine Runde in der Sportberichterstattung. Eigentlich ist die Angelegenheit des Leverkusener Stars nicht neu. Bereits während der EM 2016 war herausgekommen, dass Hakan Calhanoglu noch während seiner Zeit beim Karlsruher SC einen Vorvertrag mit Trabzonspor eingegangen war und hierfür 100.000 Euro erhalten hatte. Nicht ganz! Da Calhanoglu damals erst 17 war, hatte sein Vater – mit oder ohne seine Kenntnis – den Vertrag unterzeichnet. Später war Calhanoglu doch nicht zum türkischen Club gewechselt. All das geschah im Jahre 2011.
Nach der Beschwerde Trabzonspors hatte die FIFA den türkischen Nationalspieler für vier Monate gesperrt und das internationale Sportgericht (CAS) die Sperre bestätigt. Damit war im Fall Calhanoglu alles gesagt und der Spieler quasi für die Rückrunde der Saison 2016/17 gesperrt. Die türkische Ajansspor berichtet im Fall Calhanoglu, dass der Spieler mithilfe seines Anwalts Thilo Bachmann eine einstweilige Verfügung beim Zivilgericht Lausanne bewirken will, um doch zu spielen. Die Chancen werden jedoch gering eingeschätzt.
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Wer trägt hier die Schuld?
Der Club Bayer Leverkusen fühlt sich im Fall Calhanoglu am stärksten betroffen, da er mit den Ereignissen überhaupt nichts zu tun hat. Es wurde gegen die CAS gewettert, deren Entscheidung bereits am 27.12.2016 bekannt gewesen sein soll, dem Club jedoch erst am 02.02.2017 mitgeteilt worden ist.
Warum hat es fünf Wochen gedauert, ehe man Club und Spieler benachrichtigt hat? Bayer Leverkusen blieb nach Ablauf der Transferphase (31.01.2017) somit keine Chance, sich auf der Position Calhanoglus zu verstärken.
Gewettert wurde auch gegen Trabzonspor. Als „perfide“ wurde das Vorgehen des Clubs vom Schwarzen Meer bezeichnet. Dabei hatte Trabzonspor lediglich auf sein Recht gepocht. Neben den 100.000 € war dem Verein auch eine potenzielle Ablösesumme entgangen. Fraglich ist natürlich, ob sich Calhanoglu in Trabzon genauso gut entwickelt hätte wie beim KSC oder beim HSV.
Eine weitere Frage in der Angelegenheit lautet, ob ein 17-Jähriger, der zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung noch nicht volljährig und rechtlich nicht in der Lage, Verträge einzugehen, für etwas bestraft werden kann, was sein Vater verbrochen hat.
Hier liegt ein grundlegender Fehler von Eltern und Verwandten guter Fußballer vor. Sie wollen sich die Kosten für einen professionellen Manager sparen und übernehmen selbst die Vertretung des Nachkömmlings. Dabei verstehen sie vom Geschäft eigentlich nichts. Hätten dann nicht eher der Vater in die Konsequenz gezogen werden müssen?
Abstrafung für etwas anderes?
In der Türkei steht im April 2017 ein Referendum zur Änderung der Verfassung an. Auch wenn deutsche Medien die Volksbefragung lediglich auf das Präsidentensystem Erdogans herabsetzen, geht es tatsächlich um mehr. Beispielsweise auch um die Herabsetzung des Alters für wählbare Abgeordnete von 25 auf 18 Jahre. Also eine Änderung, die auch den 23-Jährigen Calhanoglu interessieren könnte. Wobei dies wohl eher unwahrscheinlich ist.
Hakan Calhanoglu soll zu diesem Zweck ein Video auf Twitter veröffentlicht haben. Sport1 gibt als Quelle einen Tweet an, in dem Calhanoglu West Ham Uniteds Spieler Gökhan Töre „Habe deine Message erhalten“ und einem anderen „Bist Du für eine stärkere Türkei dabei“ schreibt.
Bayer Leverkusen hatte Calhanoglu für dieses Video ermahnt, woraufhin er wohl dieses entfernt hat. Als Autor fragt man sich, ob zwischen dem Video und der (späten) Bekanntgabe der Sperre eine Verbindung besteht.
Mööglich wäre eine Abstrafung des Spielers durch die CAS, der sich offensichtlich politisch engagiert. Und das für ein Land, gegen die sich die westliche Welt echauffiert. MDenkbar wäre jedoch auch eine Bestrafung Leverkusens, der seinen Spieler für etwas ermahnte, was nicht undemokratisch erscheint (Stimme beim Referendu abgeben). Um diese und weitere Fragen zu klären, haben wir die Pressestelle von Bayer Leverkusen in persona Dirk Mesch angeschrieben. Sollte eine Antwort erfolgen, geben wir diese hier weiter.
Was passiert mit Calhanoglu bis zum Sommer?
Aussagen der Bayer-Führung zufolge, soll Hakan Calhanoglu den Rest der Saison mit der Mannschaft mittrainieren und somit seinen Beitrag zum Erfolg des Klubs beitragen. Da Calhanoglu laut Bild-Zeitung auch auf ein Gehalt von einer Million Euro verzichtet, schmerzt dies Bayer Leverkusen etwas weniger. Doch nur mit Trainings wird es schwierig sein, die Spielpraxis vom Mittelfelddirigenten aufrecht zu erhalten. Test- und Freundschaftsspiele wären von Nöten.
Die oben erwähnte Ajansspor schreibt, dass der FC Chelsea großes Interesse an dem Rechtsfuß besitzt. Da hätte man sich als Bayer Leverkusen durchaus fragen können, ob nicht eventuell jetzt schon ein Verkauf Calhanoglus (mit Abschlägen) Sinn machen könnte. So könnte Chelsea den Spieler mit seinen eigenen Methoden fit halten. Im Sommer hingegen könnte der Preis für den türkischen Star noch ein niedriger werer werden
Auch diese Frage wurde Herrn Mesch gestellt.
Fazit im Fall Calhanoglu
Letztendlich gibt es noch viele offene Fragen im Fall Calhanoglu, die jedoch wohl unbeantwortet bleiben werden. Leidtragender ist der Spieler selbst, der weder Verträge selbst unterzeichnet hat, noch späte Bekanntgaben zu verantworten hat. Dennoch wird er „gezwungen“, durch Gehaltsverzicht und Spielverbot das Ganze auszubaden.
Dennoch wird wohl die viermonatige Sperre dem Spieler sportlich nicht all zu sehr schaden. Schade wird es eher, dass wir Hakan Calhanoglu wohlmöglich nächste Saison nicht mehr in der Bundesliga sehen werden.