Auf der Zugfahrt von Münster nach Düsseldorf saß eine junge Lehrerin in meinem Zugabteil. Wir kamen ins Gespräch als die Familie, die mit uns im Abteil saß, in Münster ausstieg. Vater und Sohn sprachen eine Sprache, die wir nicht ganz einordnen konnten. Es stellte sich als niederländisches Friesich heraus.
WWenn ich schon eine Lehrerin die nächsten paar Stunden neben mir sitzen habe, dann konnte ich mir die Gelegenheit nicht entgehen lassen, sie zum Schulalltag früher und heute zu befragen. Sie war ungefähr mein Jahrgang.
DDie Bio- und Deutschlehrerin teilte mir auf dieser Fahrt mit, dass Schule früher und heute weit auseinandergehen. Das klassische „Lehrer diktiert/schreibt an die Tafel, Schüler schreiben auf“ gäbe es so in der Form nicht mehr. Zumindest an ihrem Gymnasium.
Das klassische Diktat gibt es nicht mehr. Das Wissen wird nun auf anderen Wegen vermittelt.
ssagte sie. Auch würden Kinder nun viel mehr in die Gestaltung des Unterrichts eingebunden. Also ein wenig interaktiver das Ganze.
Sie schilderte mir auch, dass das Lehrerleben sehr viel anstrengender geworden sei, als noch früher. Arbeitsgemeinschaften, Fachkonferenzen, Drogenbeauftrage etc. All das nehmen einem die Zeit für die Unterrichtsvorbereitung, bei der die Lehrer doch recht frei in der Gestaltung seien. Der Stoff wird vorgegeben. Wie und womit man das tut, ist einem doch selbst überlassen.
Ich sprach auch das Thema Zentralabitur an. Zu meiner Verwunderung sagte sie mir, dass das Niveau eher gesunken sei.
Wer einen Deutschartikel vernünftig ohne Fehler und mit Struktur wiedergeben kann, der erhält bereits 1/3 der Punkte und somit eine „ausreichend“
hieß es. Die Verkürzung des Abiturs von 13 auf zwölf Jahre wäre jedoch zum Nachteil der Schüler geworden. „Denn am Stoff hat sich nichts geändert“, fügte sie hinzu.
Ich habe sie auch nach ihren Erfahrungen mit Eltern gefragt. Ob sie denn auch Eltern habe, die immer in der ersten Person Plural sprechen würden (wir haben eine vier geschrieben). Sie sagte, dass sie es überwiegend mit solchen Eltern auf ihrer Schule zu tun habe.
Dabei ging es weniger um die Noten des Kindes (darum geht es natürlich auch), sondern vielmehr um das Ansehen in der Gemeinde. Keiner will, dass das Kind (und damit wohl man selbst) schlechter dasteht als die anderen.
In Düsseldorf mussten wir dann beide umsteigen. Es war nett, sich mit einer Lehrerin über einen längeren Zeitraum unterhalten zu können.
Schule früher und heute – Was hat sich geändert?: Auf der Zugfahrt von Münster nach Düsseldorf saß eine junge… http://t.co/UrRINJVI8O
Sehr geehrter Herr Yildrim, vielen Dank für Ihren interessanten Bericht. Ich kann die Gedanken der Familie nur bestätigen: Die Verkürzung der Schulzeit auf die 12. Klasse hat ganz gravierende Auswirkungen auf das Leben der Schüler. Meine Tochter befindet sich zur Zeit in der 7. Klasse und ist eigentlich nur noch am Lernen… sie hat ihre Kindheit verloren. Klar, es ist gut, wenn sie gute Noten schreibt, aber sie hat kaum Zeit für ihre Kindheit. Den Stoff kann man wirklich nur schaffen, wenn man stundenlang lernt. Viel Zeit für die Freizeit bleibt da wirklich nicht. Wenn ich dies mit meiner Schulzeit vergleiche, dann ist dies wirklich ein großer Unterschied. Alles müssen die Schüler selber machen: „schaut mal ins Internet und sucht Euch alles raus“ … „Ihr müsst das selbst ausarbeiten“ … Die Lehrer haben auch kaum Zeit mehr und bereiten den Unterricht schlecht vor. Die Kinder müssen vieles selbst vorbereiten und erarbeiten und wenn man als Elternteil da nicht „am Ball bleibt“ so sind schlechte Noten vorprogrammiert! Ich stelle mal die These auf: Ein Kind kann das alleine gar nicht mehr schaffen. Kinder mit berufstätigen Eltern haben verloren! Schade! Ich selbst arbeite in der Personalabteilung einer großen Versicherung und beobachte schon seit Jahren den Trend „der schlechten Noten“ bei den Bewerbern… jetzt, wo ich den Schulalltag bei meiner Tochter wieder mitbekomme, ist mir auch klar, warum die Jugendlichen so schlecht in der Schule geworden sind. Warum nimmt die Gesellschaft das nur in Kauf? Ich habe Unterschriften gesammelt und eine Initiative unterstützt, keine Chance, die Politik ist dabei geblieben. Traurig, da die Politik die Auswirkungen in der Zukunft unterschätzt: die Gesellschaft verliert ihre Bildung… Deutschland geht den Bach runter! Wo soll das nur hinführen?!!