Wie bei Menschen auch lassen sich Sprachen aufgrund verschiedener Merkmale in Familien unterteilen. Von der Verwandtschaft zwischen Deutsch und Englisch hat beispielsweise wahrscheinlich jeder schon einmal gehört. Eine Frage, die dabei allerdings unbeantwortet bleibt, ist, wann genau man eigentlich von einer sprachlichen Verwandtschaft sprechen kann und welche Punkte dafür erfüllt sein müssen. Wir nehmen dies zum Anlass, um einige Kriterien zu erläutern. Dabei werden auch einige sehr interessante Aspekte deutlich.
INHALTSVERZEICHNIS
Indoeuropäisch – die größte Sprachfamilie
Ein wesentlicher Punkt für die Bestimmung einer sprachlichen Verwandtschaft liegt in der Rekonstruierbarkeit einer gemeinsamen Protosprache. Damit ist gemeint, dass für alle Sprachen, die zu der Familie gehören, ein verknüpfender Ursprung gefunden werden kann. Die häufigste Art hierfür liegt in Worten, die sich systematisch ähneln. Diese sogenannten Kognaten sind mal offensichtlich, mal weniger klar. Das deutsche Wort Apfel etwa hat einen gemeinsamen Ursprung mit dem englischen apple. Der Unterschied, den wir heute kennen, resultiert aus unterschiedlichen Lautveränderungen. Das Erlernen von Englisch über ein LMS fällt einem deutschen Muttersprachler daher auch vergleichsweise leicht. Kognaten lassen sich aber geschichtlich noch deutlich weiter zurück rekonstruieren. So sind nicht nur Sprachen wie Deutsch, Englisch oder Niederländisch miteinander verwandt. Etwas entfernter betrifft dies sogar Sprachen wie das Hindi oder Persisch. Alle hier zugehörigen Sprachen werden als indoeuropäische Sprachen bezeichnet.
Je näher, desto enger verwandt
Während man für die Rekonstruktion von Kognaten für Deutsch und Hindi deutlich weiter in der Zeit zurückgehen muss, liegt die Protosprache für Deutsch und Dänisch oder Schwedisch näher. Diese Verwandtschaft gruppiert die Sprachwissenschaft in sogenannte Unterfamilien zusammen. Auch im heutigen Sprachgebrauch gestalten sich die Ähnlichkeiten noch viel stärker als bei den größeren Familien. Ein konkretes Beispiel, das viele germanische Sprachen haben, ist beispielsweise das Wort Berg. Von der Protosprache bildeten sich dann die jeweiligen Sprachen heraus, die ebenfalls weitere Entwicklungsschritte durchlaufen haben. Lassen sich für Sprachen noch näher an der heutigen Zeit Kognaten finden, so sind weitere Untergruppierungen vorhanden. In einem solchen Fall spricht man von einem Sprachzweig. Germanisch etwa unterteilt sich zum einen in nordgermanische Sprachen wie das Schwedische, das Norwegische oder das Dänische. Außerdem gehört das Deutsche zusammen mit dem Englischen und dem Niederländisch zu den westgermanischen Sprachen. Solche Unterteilungen treten für nahezu alle Sprachen der Welt auf.
Wo sind die Grenzen der Klassifizierung?
Problematisch für die Klassifizierung gestalten sich einige Dinge. Wortentlehnungen etwa stellen ein gewisses Hindernis dar. Äußerlich sind die Worte zwar ähnlich, allerdings lässt sich daraus nicht automatisch eine Verwandtschaft ableiten. Aktuell dominiert beispielsweise das Englische klar als Gebersprache, während sich viele andere Sprachen des Wortschatzes bedienen. Früher galt dies für Latein oder Französisch. Hier lässt sich dann klar sagen, welche Sprache die Wörter von der anderen entlehnt hat, wodurch man nicht mehr von Verwandtschaft spricht. Eine Besonderheit in diesem Zusammenhang stellen isolierte Sprachen dar. Dabei handelt es sich um Sprachen, für die man bislang keine Verwandtschaft mit einer anderen nachweisen konnte. Prominente Beispiele hierfür sind Japanisch oder Koreanisch. Die einzige isolierte Sprache auf dem europäischen Kontinent ist das Baskische. Anders als vielleicht angenommen, gibt es hier außer Entlehnungen keinen tieferen Zusammenhang mit der spanischen Sprache.