Der Mensch ist gut, der Mensch ist schlecht. Meinungen zum Wesen der Menschheit oder auch einzelner Individuen der Spezies Homo sapiens driften zum Teil sehr stark auseinander, natürlich auch, weil ein jeder andere Erfahrungen im Leben macht. Dabei gelten diejenigen zumeist als weniger sittsame Menschen, die wenig Rücksicht auf andere nehmen. Rücksichtsvolle Personen hingegen passen ihr Verhalten ihrer Umgebung an – und sind im Leben meist erfolgreicher. Denn wer dazulernt über sich und seine Mitmenschen, hat bessere Chancen im Beruf, ist ausgeglichener und verfügt über ein fundiertes soziales Umfeld. Doch welche Fertigkeiten bilden die Grundlage eines aussichtsreichen gesellschaftlichen Lebens?
Bild: Soziale Menschen sind glücklicher und erfolgreicher – und mitunter dennoch egoistisch. Bildquelle: g-stockstudio – 345950657 / Shutterstock.com
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Diese Fertigkeiten helfen im Beruf und privat
Effizienz lautet das große Stichwort, wenn es darum geht, erfolgreich zu sein: Den größtmöglichen Nutzen bei minimalen Arbeitsaufwand zu erzielen oder eben ein vorgegebenes Ziel mit möglichst geringem Einsatz zu erreichen. Das Prinzip des Homo oeconomicus ist der Wirtschaft schon seit über einem Jahrhundert geläufig. Allerdings gelten Personen, die ihr Handeln einzig und allein am persönlichen Nutzen ausrichten, im sozialen Gefüge hingegen als eigensinnig, als schlechte Menschen. Doch kluge Leute wissen sich ihrem Umfeld anzupassen und von einem kollegialen Verhältnis zu ihren Mitmenschen zu profitieren.
Nicht ganz umsonst bedeutet „Homo sapiens“ nichts anderes als der „vernünftige, gescheite Mensch“. Mit dem Vorhaben, die wichtigsten Fertigkeiten und Charakterzüge des Menschen für ein erfolgreiches Leben in der beruflichen Laufbahn sowie im Privatleben zu erörtern, stellte ein Mitglied des Online-Portals Quora folgende Frage: „What are the hardest and most useful skills to learn?“ Antworten eifriger User ließen nicht lange auf sich warten. Der Business Insider hat elf dieser Fähigkeiten zusammengestellt. Das Beste dabei: Sie kosten nichts – nur Aufwand und Selbstdisziplin.
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Doch nutzen diese Charakteristika und Verhaltensweisen tatsächlich jedem Menschen? Zumindest auf den ersten Blick erscheinen die Fertigkeiten tatsächlich sinnig, denn fast in jedem Berufsfeld gelangt man in Kontakt mit anderen Menschen. Kaufmännische Berufe oder handwerkliche Tätigkeiten, Arzt oder Banker, Angestellter oder Unternehmer, sie alle müssen sich um ein soziales Verhalten bemühen, um Kunden, Patienten, Kollegen oder Auftraggeber nicht zu verschrecken. Und es erscheint auch logisch, dass kollegiale, freundliche und rücksichtsvolle Menschen schneller Freunde finden, heiraten und ein erfülltes Familien-Dasein führen. Aber ist es so einfach?
Der netteste Mensch überlebt
Auffällig in dieser Zusammenstellung ist, dass sich fast gleichviele Eigenschaften entweder auf die Interaktion mit anderen oder auf das eigene Ich beziehen. Während es in den Eigenschaften in der Kommunikation mit anderen vordergründig darum zu gehen scheint, sich seinen Mitmenschen anzupassen, zeigen die individuellen Charakteristika indes ein anderes Bild: Selbstbewusstsein? Durchsetzungsvermögen? Lässt sich dies wirklich mit einem Leben vereinen, das auf andere Menschen stets Rücksicht nimmt?
Richard Dawins sprach bereits davon, der Mensch sei seinen „egoistischen Genen“ unterworfen. Der englische Philosoph Thomas Hobbes prägte das Menschenbild des Wolfes. Und auch abseits aller Theorie und Misanthropie zeigte die Realität, dass Gesellschaften, in denen auf Wettbewerb und Eigennutz verzichtet wurde, deutlich instabiler waren als viele heutige soziale Strukturen, die auf Leistung und Nutzen fokussiert sind. Ist Altruismus folglich nur ein utopisches Modell für die Wirklichkeit?
Nicht unbedingt, geht es nach modernen philosophischen Meinungen, jedoch auch evolutionswissenschaftlichen Erkenntnissen. Der Wirtschaftstheoretiker Adam Smith beispielsweise konnte aufzeigen, wie der natürliche Egoismus-Trieb des Menschen das Gesamtwohl fördern kann. In seinem revolutionärem Werk „Der Wohlstand der Nationen“ erklärt Smith, wie jemand, der in einer Volkswirtschaft den größtmöglichen Gewinn für sich erwirtschaftet, zugleich das gesamte Volkseinkommen vermehrt.
Doch wie sieht es abseits der Wirtschaft aus? Auch hier haben sich in den letzten Jahren revolutionäre Gedankensprünge gezeigt. Der amerikanische Psychologie-Professor Dacher Keltner leitet seit 2011 das „Zentrum für Erforschung des Mitgefühls und Altruismus“ an der Stanford University und gelangte zu der Erkenntnis: Nicht der stärkste Mensch überlebt, sondern der netteste. Denn der kollegiale Mensch sei in einer eingebundenen Gemeinschaft stärker als allein. Daher sei der Mensch von Natur aus kooperativ.
Egoistisch ist das neue Gut/gut
Und auch die Neurobiologie liefert Hinweise darauf, warum manche Menschen mit Selbstlosigkeit und Rücksichtnahme ganz einfacher besser leben: Naomi Eisenberger von der University of California fand heraus, dass selbstloses Handeln die Ausschüttung von Glückshormonen im Gehirn anregt. Fast zeitgleich lieferte Stephanie Brown von der Michigan University den sozialwissenschaftlichen Nachweis, demzufolge Hilfsbereitschaft sich mehr auf das Glücksempfinden des Menschen auswirke als Bildung oder Verdienst und beruflicher Erfolg.
Grundsätzlich muss Egoismus jedoch nichts Schlechtes sein. Der Gesundheitswissenschaftler Dr. Udo Baer sagt zu diesem Thema: „Nur wer Sinn für das Eigene hat, kann auch den Eigensinn anderer Menschen respektieren.“ Diesbezüglich ließe sich argumentieren: Wer nicht auf seine persönlichen Wünsche und Bedürfnisse eingeht, kann auch anderen nicht helfen, müsste folglich unglücklicher sein in doppelter Hinsicht, denn er befriedigt weder seine eigenen Wünsche, noch kann er die der anderen erfüllen.
Diese 4 Gesten verraten nach Untersuchungen amerikanischer Forscher an der Northwestern University in Kombination miteinander egoistische Menschen in der Kommunikation mit anderen Personen:
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Unterschieden muss zeitgleich zwischen dem gesunden und ungesunden Egoismus. Der ungesunde Egoismus geht fast grundsätzlich mit der Benachteiligung anderer Menschen einher. Erniedrigungen oder Abwertungen anderer Subjekte, aber auch des eigenen Ichs können die Folge sein. Egoismus kann tatsächlich auch destruktiv für die eigene Persönlichkeit sein. Beispielsweise weisen viele Menschen ein stark egoistisches Verhalten auf, um Minderwertigkeitskomplexe zu kaschieren, frei nach dem Motto: „Erreiche ich dieses oder jenes nicht, bin ich weniger wert.“
Grundsätzlich ist der Egoismus jedoch die wichtigste Antriebsfeder des Menschen, der sein gesamtes Handeln bestimmt. Wer zum Beispiel in einem Streitgespräch nachgibt, macht dies oftmals, um einen Konflikt zu vermeiden oder aus Angst, eine Rufschädigung davonzutragen, das sind egoistische Motive, auch wenn sie womöglich Positives für alle Beteiligten bewirken. Bis zu einer gewissen Grenze ist folglich jeder Mensch egoistisch, andernfalls wäre der Mensch auch kein Subjekt.
Als Begrenzung des persönlichen Egoismus empfehlen Ethiker den berühmten Kategorischen Imperativ Kants: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“ Oder als gereimtes bekanntes deutsches Sprichwort: „Was du nicht willst, das man dir tu‘, das füg‘ auch keinem ander‘n zu.“